Kürzlich wieder mal, ich komme von der Hohenzollernbrück und rolle auf die Kreuzung beim Deutzer Bahnhof zu. Durch diese Hecke rechts, übersehe ich fast eine Radfahrerin*, die links auf die Rampe fahren will. Ich will ihr also ausweichen und schere nach links aus, wo in dem Moment ein Radfahrer ohne jede Vorwarnung links an mir vorbei brettert, um die Kreuzung noch bei grün zu erreichen. Scheiße ist das Leute, ich habe mich erschreckt, der hätte in mich reinfahren können und das ist nicht das einzige Mal. Es ist die verdammte Regel, schnellere Radfahrende überholen rechts oder links ohne Vorwarnung und brettern mit zu wenig Abstand an einem vorbei. Wenn ich mal einen von euch einhole, dann sagt ihr: „Da war doch genug Platz und ich weiß, was ich tue.“ Das mag ja sein aber verdammt noch mal, ihr wisst nicht was ich tue.
Radfahrende nerven mich derzeit kolossal. Da wird egal wo gefahren, wenn auf der Deutzer Freiheit ein Auto einparkt und es dadurch zu einem kurzen Rückstau kommt, was soll’s für was gibt es denn den Gehweg. Der ist zwar zu eng aber die zu Fußgehenden werden ja schon ausweichen, wenn da eine*r mit 20 km lang brettert.
Ich kann jede*n Fußgänger gut verstehen, dass die sauer auf uns Radfahrende sind. Domplatte ist voller Menschen, das Domgäßchen ist eng, Tempo drosseln und angepasst auf die Domplatte fahren? Ach, wieso denn, ist doch genug Platz. Oder wie ein junger Mann auf Moutain Bike und mit vollem Schutzhelm (Motorradversion) meinte, wenn sich die Leute erschrecken, weil er zu nah und schnell an ihnen vorbeifährt, für die Gefühle anderer sei er nicht zuständig. Wir beschweren uns über Autofahrende, die uns zu knapp überholen? Ernsthaft, das ist kein Anlass mal darüber nachzudenken in Gegenwart von Fußgänger*innen mal das Tempo zu drosseln. Schadet es euren Rennrädern oder was immer ihr fahrt?
Ist irgendeine*m von euch klar, dass wir auf der Domplatte nur geduldet sind und dort die Fußgänger Vorrang haben?
Kürzlich fuhr ich, wie häufig, nachmittags über die Hohenzollernbrücke, wie immer brechend voll mit Menschen. Das ist kein Problem, soweit eins angepasst fährt und sich ein bisschen Zeit lässt. Neben mir prescht ein Rennradfahrer in zitronengelber Kluft und farblich passendem Helm vorbei, fährt die Menschengruppe immer knapp in die Hacken, klingelt diese dann aus dem Weg und drängelt die Leute aus dem Weg. Er prescht weiter, auf der Deuter Seite stoppt er, lehnt sein Rennrad ans Geländer und fotographiert den Dom und ißt eine Banane. Ernsthaft? Ich konnte es kaum fassen.
Besondere Lieblinge sind mir ja die Jungs (bisher waren es nur Jungs), die mir auf der Hohenzollernbrücke immer im Hinterrad hängen. Habt ihr mal darüber nachgedacht, was passiert, wenn ich plötzlich stoppen muss oder ausweichen, ist die halbe Minute schneller, die ihr seid, weil ihr euch rücksichtslos durch die Menschen drängelt, das echt wert?
Aber es es ist auch überall sonst nervig, es werden keine Handzeichen gegeben. Es wird ohne nachzudenken von rechts oder links überholt. Beispiel gefällig? Die Kalker Hauptstraße meide ich normalerweise, weil ich sie für gefährlich halte, der Radschutzstreifen da ist ein Witz und zu nah an der Dooringzone der parkenden Autos, der verbleibende Platz für die fahrenden Autos ist knapp. Außerdem stehen häufig Autos oder Lieferwagen in 2. Reihe. Normalerweise fahre ich die nur im Verband der Critical Mass. Hier ist Hochkonzentration angesagt und da ist es auch sinnvoll mal das Tempo zu drosseln. Und natürlich fahre ich mit Abstand zur Dooringzone. Was dazu führte, dass so ein (sucht euch aus, was ihr hier einsetzt) mich ohne Vorwarnung von rechts überholte. Scheiße gefährlich war das. Ach ja, die meisten solcher gefährlich Manöver anderer Radfahrender enden damit, dass ich sie an der nächsten Ampel sowieso wieder einhole. Das ganze Geheize ist dann eh für den Arsch.
Zum rechts überholen habe ich zu sagen: Macht es nicht, lasst es bleiben. Macht es nicht ohne Vorwarnung aber eigentlich lasst es verdammt noch mal bleiben. Egal wo, niemand rechnet mit euch von ihr von rechts daher brettert.
An der Kreuzung Marzellenstraße/Komödienstraße fahren fast absolut alle kreuz und quer. Wer vom Domkloster kommend geradeaus will, hat die Möglichkeit ein zwei Meter versetzt, wo der Bordstein abgesenkt ist, parallel zu der dortigen Fußgängerampel zu fahren. Was ein gute und eher störungsfreie Lösung wäre. Aber warum sollte eins das so machen? Man kann ja auch die nächste Fußgängerampel nehmen, die etwas früher grün wir, dann recht über die enge Fußgängerinsel und auf dem Fußgängerüberweg dann wieder links. Die Fußgänger*innen nerven ein bisschen aber passt schon. Oder irgendwie zwischen entgegenkommenden Autofahrenden und Radfahrenden rumkurven und so anderer Leute Leben gefährden. Ist ja genug Platz und was interessieren mich die anderen.
Zebrastreifen? Ist nach meinen Beobachtungen ca. 80% der Radfahrenden sowas von egal. Ich erlebe es oft genug, dass die Menschen mitten auf denen stehenbleiben müssen, weil sich jemand auf dem Rad die Vorfahrt erzwingt. Vermutlich war da auch noch genug Platz.
Rechts vor Links? Doch nicht für Menschen auf dem Rad, weder gegenüber anderen auf Rädern geschweige denn für Autofahrende.
Fußgängerüberwege? Immer genug Platz für Radfahrende.
Rechtsfahrgebot? Was das wohl sein könnte.
Im Kreisverkehr hintereinander bleiben, damit wir uns nicht gegenseitig in Gehege kommen? Ach, was solls, wer schneller und rücksichtsloser ist, gewinnt.
Gehwege? Auch ja, das sind die Ausweichstrecken falls irgendwas, egal was, den Weg vieler Radfahrenden stört.
Dann wenigstens Schritttempo auf Gehwegen? Fehlanzeige.
Die Klingel verwenden, um in angemessenen Abstand auf sich aufmerksam zu machen? Wieso, denn, die wird nur verwendet, wenn eins schon in den Hacken der Leute hängt und diese aus dem Weg gedrängelt werden müssen.
Es kotzt mich an. Ich setze mich für eine bessere Fahrradinfrastruktur ein und eine deutliche Reduzierung von fahrendem und parkendem Blech. Ich frage mich inzwischen immer mal wieder, wie es in wohl mal auf den geforderten geschützten Radstraßen (protected bike lanes) mal zugehen wird. Ja, ich bin überzeugt, dass viele Probleme auf mangelnde oder miserable Infrastruktur zurück gehen aber vieles geht auf das Konto von Rücksichts- und Gedankenlosigkeit. Wir beschweren uns über Autofahrende, die auch die Sicherheit von Radfahrenden keine Rücksicht nehmen? Ich bin inzwischen überzeugt, dass 80% der Leute, die gedankenlos über die Domplatte schießen, die gleichen Leute sind, die am Hansaring, die Radfahrenden in die Dooringzone der parkenden Autos drängen. Jedenfalls scheint dieselbe ignorante Grundhaltung vorzuliegen.
We are traffic? Teil des Verkehrs? Dann sollten wir uns auch danach verhalten. Als netter Nebeneffekt wird das Miteinander von Radfahrenden und zu Fußgehenden dann auch entspannter.
8. September 2016 at 8:31
Nicht alles, aber vieles kommt mir sehr bekannt vor. Radfahrer sind eben per se keine besseren Menschen geschweige denn bessere Verkehrsteilnehmer. Leider.
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8. September 2016 at 8:52
Das ist mir schon klar, es ärgert mich halt und ich bin inzwischen sehr genervt. Egal, wie ich mich im öffentlichen Raum bewege, gegenseitige Rücksichtnahme würde für alle die Situation entspannen und sicherer machen.
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8. September 2016 at 9:16
Damit hast du ja auch recht und ich finde es auch gut, dass du als Radfahrerin das Verhalten deiner eigenen Gruppe kritisierst. Ich kann da manchmal auch nur den Kopf schütteln. Das tun ja sonst eher externe (also Autofahrer oder Fußgänger). Und selbst wenn sie recht haben, rückt die Radfahrergruppe zusammen und versucht, das Verhalten durch abstruse Argumentationen zu rechtfertigen.
Rücksichtslosigkeit und Egoismus findet sich leider in allen Bereichen: In der Fußgängerzone, im ÖPNV, im ruhenden Verkehr, auf innerstädtischen Straßen oder auf der Autobahn. Ein Teil davon ist sicherlich auch der unzureichenden Infrastruktur geschuldet, aber der überwiegende Teil des Fehlverhaltens ist einfach Gedankenlosigkeit und Ich-Zentriertheit. Dagegen helfen vielleicht Texte wie deiner oben zum Nachdenken oder auch einfach der Versuch, es draußen selber besser zu machen. Und ein wenig Gelassenheit…
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9. September 2016 at 12:02
Äh… Also gleich im ersten Beispiel hast du dich falsch verhalten, gleich zweimal. Aber der Überholer soll Schuld sein? Sonst geht’s gut?
Zur Klingel: §16 StVO gilt auch Radfahrer.
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25. Februar 2017 at 20:20
Hallo Alltagsradlerin,
Ich bin Alltagsfussgaengerin in Stuttgart, mir gefällt Dein Beitrag sehr, weil er das sonst übliche Autofahrer gegen Radfahrer und Radfahrer gegen Fussgaenger auflöst! Radfahrer und Fussgaenger sollten sich nicht auseinanderdividieren (lassen) bei dem eigentlichen Anliegen: einen erheblichen Teil des öffentlichen Raums, der wie selbstverständlich den PKW zur Verfügung steht, fuer die umweltfreundlicheren und gesuenderen Fortbewegungsarten zu erobern.
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